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Gastbeitrag: Kooperation statt Konfrontation

Meine Freundin Annette engagiert sich seit vielen Jahren auf verschiedenen Ebenen für die Gleichstellung von Mann und Frau. Ihre umfangreichen Erfahrungen bringen kuriose Geschichten und nachdenklich machende Begegnungen hervor. Heute hat sie für uns  zusammengefasst, an welchen Stellen wir vor allem in unseren Köpfen blockiert sind und welche Knöpfe wir drücken können, um unser Bewusstsein zu schärfen und einen Wandel zu erreichen – vorausgesetzt, wir wollen das.
Ich wünsche eine spannende Lektüre. Wir beide freuen uns über zahlreiche Kommentare.

Über die Autorin:
Annette war eine frühe Zigeunerin, die bereits als Kind viele Male umgezogen ist. Nach ihrem Studium forschte sie zunächst als Molekularbiologin, entschied sich dann jedoch für die internationale Politik mit Stationen in Tallinn, New York und Rio de Janeiro. In New York verhandelte sie bei den Vereinten Nationen u.a. über die Menschenrechte von Frauen und Gendermainstreaming. Sie befasst sich auch mit Fragen des Bewusstseinswandels, mystischen Traditionen und meditativen Techniken.



Kooperation statt Konfrontation 

Feminismus - ist das nicht ein Thema, das schon lange als überholt gilt? Gehört es nicht zum guten Ton von Frau, sich von lila gekleideten Männerhasserinnen zu distanzieren? Die gute Nachricht ist, dass der Geschlechterkampf tatsächlich nicht das Mittel ist, um Geschlechtergerechtigkeit zu erzielen. Kooperation und Bewusstseinswandel sind hier die Stichworte. Die schlechte Nachricht ist, dass weibliche Menschen alles andere als gleichberechtigt sind.

Vor wenigen Monaten zirkulierten die offiziellen Daten zu Gewalt gegen Frauen und Lohn- und Einkommensunterschieden in Deutschland, nachzulesen auf der Website des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Und siehe da - international sieht es zum Teil düster aus und Deutschland steht nicht etwa sehr gut da. Insofern ist es keine Verschwörungstheorie anzunehmen, dass hinter den vollmundigen Verkündungen, dass in Deutschland die Emanzipation verwirklicht wurde, vielleicht doch "harte" Interessen stehen. Überlegen wir einmal:  Wer kann verlieren, wenn mehr Frauen in wichtige Positionen kommen? Und welche Frauen trifft möglicherweise die Erkenntnis hart, dass es einige Geschlechtsgenossinnen wider Erwarten doch geschafft haben? Denn eines dürfen wir nicht vergessen: Patriarchalische Denkweisen regieren in den Köpfen von Männern und Frauen. Daher macht auch der Geschlechterkampf keinen Sinn.

Nein, es geht um die Frage, warum wir in einer Welt leben, in der  Ressourcen wider besseres Wissen ausgebeutet werden, Menschenrechte und insbesondere die von Frauen mit den Füßen getreten werden, die Natur - unsere Lebensgrundlage - allmählich in die Knie geht und der Hitzeschlag sie auf absehbare Zeit umhauen wird. Was ist wichtiger: Reichtum und Machtfülle oder Partizipation, Wasser und saubere Luft? Ja, diese Frage haben wir schon oft gehört, doch haben wir die Konsequenzen verstanden? Denn Konsequenzen müssen wir ziehen, egal ob Frau oder Mann.

Was hat das aber mit dem Patriarchat zu tun? Patriarchat ist eben nicht nur die Unterdrückung von Frauen, auch wenn dieser Aspekt überlebenswichtig für die patriarchalische Denkweise von Menschen - Frauen und Männern - ist. Patriarchat ist eine Geisteshaltung, die auf Ängsten beruht. Aus der Angst entsteht die Auffassung, dass ich nur überleben kann, wenn ich mich vor der bösen Welt da draußen schütze. Und schon ist die win-loose Attitüde geboren: Denn nur wenn ich mir von all den Übelwollenden oder aber auch den vermeintlich Schwächeren das hole, was ich brauche und zur Sicherheit ein wenig mehr, kann ich gut überleben. Doch hier gibt es einen Denkfehler: Je mehr Menschen diese Sicht verinnerlichen, umso mehr liebe Mitbürger wollen einen tatsächlich ausbeuten. Und genau dadurch entwickelt sich die Welt zu der Kampfarena, die wir täglich in den Nachrichten sehen können.

Wird alles besser, wenn die Frauen an die Macht kommen? Darum geht es nicht wirklich. Denn was wir brauchen ist der Bewusstseinswandel, die Einsicht, dass win-win möglich ist, dass es immer Lösungen gibt, von der alle Seiten profitieren. Leben wir mit dieser Philosophie, ist die gleichberechtigte Existenz aller nicht mehr in Frage gestellt. Es wird selbstverständlich, dass man sich von der und dem anderen nicht mehr abgrenzt, sondern über Kooperation sein Leben bereichert. Sagt nicht jeder gute Unternehmer, dass sich Teamwork auszahlt?

Ist dies gesellschaftspolitisch gesprochen Utopie? Solange wir in den guten alten patriarchalischen, angstgesteuerten Mustern denken – ja. Egal, was dann in Zeitungen, in politischen Absichtserklärungen und in Blogs wie diesem hier steht. Die Frage sei erlaubt: Wer fühlt sich so richtig gut und entspannt mit dem derzeitigen Lebensgefühl? Frauen mögen da insofern manchmal ein Schrittchen voraus sein, weil sie nun einmal nicht unbedingt die Trumpfkarte gezogen haben und wenn überhaupt, sich nur mit harter Arbeit ihr Plätzchen an der Sonne erkämpfen. Mal ganz ehrlich: erscheint es nicht manchmal ein wenig widersinnig und ungerecht, so hart kämpfen oder sich in sein Schicksal ergeben zu müssen, nur weil man mit 2 Brüsten und mehr Körperfett ausgestattet wurde?

Ich glaube, dass dieser Gedanke in der einen oder anderen Form jeder Frau schon einmal durch den Kopf gegangen ist. Daher ist es womöglich nicht ganz verkehrt, in Frauen eher Agenten des Wandels zu vermuten als in relativ gesehen doch privilegierteren Männern, denen ein Systemwandel auf den ersten Blick Nachteile bringen könnte. Auf den zweiten eben nicht, denn wie bereits oben gesagt, von Kooperation profitieren mehr Menschen, unabhängig vom Geschlecht. Die Alternative kann nicht eine weitere geschlechterdiskriminierende Herrschaftsform nur unter anderen Vorzeichen sein. Somit: Wir alle müssen umdenken. Und das kann mit Humor geschehen, sogar richtig Spaß machen und abenteuerlich sein!

Kommentare

  1. Wenn Männer in größeren Gruppen aufeinander treffen, wenden sie oft selsame Methoden an, um Hierarchien aufzubauen und zu erhalten. Das können sie von mir aus gern tun - auf dem Fußballplatz oder in der Kneipe, aber bitte nicht im Berufsleben. Viele Frauen fühlen sich abgestoßen durch Imponiergehabe, Fouls und Trinkwettbewerbe und halten sich deshalb davon fern oder ziehen sich zurück. Ich bin deshalb in jedem Fall für die Frauenquote in Führungspositionen, die man ja auf dieser Seite unten auch unterstützen kann. Jede Frau und jeder Mann sollte wenigstens einmal im Leben eine Chefin haben, um zu sehen, dass es auch anders geht. Erst wenn traditionell männliche und traditionell weibliche Qualitäten dasselbe gesellschaftliche Ansehen genießen, könnten wir die Quote wieder abschaffen, weil die Arbeitsgruppen dann besser durchmischt wären und nach anderen Regeln funktionierten.
    Birgitt

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